Viele deutsche Unternehmen scheinen zu glauben, dass geopolitische Risiken wie beispielsweise die Handelskriege oder der Konflikt im Nahen Osten ihr Geschäft nicht entscheidend bedrohen. Das zeigt der „Future Readiness Index“, den die Unternehmensberatung KPMG am Donnerstag veröffentlicht und der dem Handelsblatt vorab vorliegt. Die Umfrage unter 600 Unternehmen mit einem Umsatz von zusammen 350 Milliarden Euro ergab, dass die Anpassung an internationale Krisen und Konflikte bei ihren Investitionsentscheidungen nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt.
„Aus unserer Sicht unterschätzen die Unternehmen den notwendigen Handlungsbedarf gegenüber den sich schnell wandelnden Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft“, sagte KPMG-Vorstand Mattias Schmelzer dem Handelsblatt. Dabei bestehe bei vielen befragten Unternehmen durchaus die Einsicht, dass man bei der Anpassungsf ähigkeit an weltwirtschaftliche Veränderungen besser aufgestellt sein könnte, so Schmelzer. Doch führe das anscheinend noch nicht zu einem erhöhten Handlungsdruck.
Kein Unternehmen könne sich mehr von den weltpolitischen Risiken abkapseln. „Wer nicht schnell genug auf Entwicklungen reagiert oder, besser noch, sie antizipiert, verliert den Anschluss“, warnt KPMG-Vorstand Schmelzer. Die Auswirkung beispielsweise von Handelskonflikten oder Exportzöllen auf international verflochtene Lieferketten könnte massiv sein, heißt es in der Studie. Unternehmen liefen Gefahr, von diesen Entwicklungen überrascht und überrollt zu werden. „Aus unserer Sicht betreffen die Zunahme geopolitischer Risiken und die damit einhergehende steigende Komplexität im weltwirtschaftlichen Umfeld nahezu alle international tätigen Unternehmen“, beobachtet Schmelzer. Mittelfristig könnten Preisschwankungen für Energie und andere Rohstoffe, der Zugang zu lokalen Märkten sowie die Unterbrechungen von Wertschöpfungsketten durch eskalierende Konflikte zu erheblichen Verunsicherungen führen.