Merkel: Ehrung von ehrenamtlichem Engagement

Das ist echt beeindruckend, dass so eine große Zahl an Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, heute hier ist.

Einige von ihnen machen auch noch Musik. Ich wurde gerade vom Oberbürgermeister daran erinnert, dass sie 2006 schon einmal in Berlin waren und nicht etwa einen Kanzlermarsch, sondern einen Kanzlerinnenmarsch gespielt haben. Sie mussten ihn auch noch selber komponieren, weil es dafür in Deutschland noch keine Vorbilder gab. Das finde ich wirklich toll. Danke natürlich auch denen, die uns soeben mit
klassischer Musik erfreut haben. Auch das ist etwas, das viel mit Ehrenamt zu tun hat.

Christian Bernreiter hat es erzählt: Wir sind uns durch die Tatsache nähergekommen, dass sehr viele
Flüchtlinge in Deutschland angekommen sind. Sie haben ja einen Landrat, der die Dinge ausspricht und anpackt.
Er ist ja gleichzeitig noch Präsident des Bayerischen Landkreistages. Ich habe also in vielen Begegnungen
gerade auch in der Zeit, als sehr viele Menschen zu uns kamen, Christian Bernreiter etwas näher kennengelernt
und ihn vor allen Dingen – ich darf das sagen – auch schätzen gelernt. Wir haben in enger Zusammenarbeit mit
den kommunalen Spitzenverbänden in einer wirklich bewegenden Zeit versucht, die Dinge einigermaßen zu ordnen.
Wenn wir heute auf die Zahlen schauen, dann kann man sagen: Wir haben Humanität, Ordnung und Steuerung doch
in sehr viel besserem Maße zusammengebracht.

Mich hat damals an Christian Bernreiter etwas beeindruckt. Er hat mir nämlich erzählt, dass das, was wir
2015 wahrgenommen haben, sich über eine lange Zeit aufgebaut hat. Wenn Sie mich heute fragen „Was haben wir
nicht richtig gemacht, was haben wir falsch eingeschätzt?“, dann sage ich Ihnen ganz offen – und das betrifft
auch mich –: Wir hätten einfach sehr viel stärker nach Syrien schauen müssen. Wir hätten uns ansehen müssen,
was da los war, dass bereits viele Menschen geflohen waren und Millionen von ihnen in der Türkei waren.

Das ist auch ein Grund, warum ich mir gesagt habe: Wenn wir hier bei uns geordnet leben wollen, wenn wir
unserer Verantwortung gerecht werden wollen – trotzdem müssen wir natürlich illegale Migration stoppen oder
zumindest reduzieren –, dann müssen wir uns eben auch um andere Teile der Welt kümmern, damit Menschen in
ihrer Heimat bleiben können. Auch das ist Humanität: Menschen woanders zu helfen, damit sie ihre Heimat nicht
verlassen müssen. Denn ich sage Ihnen: Fast niemand verlässt seine Heimat wirklich gern. Deshalb sind
Entwicklungshilfe und -arbeit für andere Regionen wichtig.

Es ist richtig – Markus Söder hat es gesagt –, dass die internationale Szene kompliziert ist. Gerade deshalb
tun wir gut daran, einfach alles zu tun, damit in unserem Land Zusammenhalt herrscht. Denn in vielen Ländern
gibt es nicht so einen Zusammenhalt, wie wir ihn gewohnt sind und wie wir ihn, Gott sei Dank, erleben. Wenn
wir uns in diesem Jahr gute Neujahrswünsche gesagt haben, dann war Gesundheit dabei – das wünsche ich Ihnen
natürlich auch –, die Freude an dem, was Sie tun und ganz besonders auch ein friedliches Zusammenleben. Das
aber ist gar nicht so selbstverständlich, wie man oft denkt.

Deshalb habe ich zum Beispiel gestern gemeinsam mit dem Bundesaußenminister eine Libyen-Konferenz
durchgeführt. Das ist ein erster Schritt zu einem langen Friedensprozess. Da wird nicht sofort alles klappen.
Hoffentlich geht es ein kleines bisschen voran. Aber eines ist auch richtig – wir lernen und sehen das an
allen Ecken und Enden der Welt –: Es gibt niemals die alleinige militärische Lösung. Manchmal ist Militär
notwendig, aber zum Schluss muss immer ein politischer Weg gefunden werden. Das ist das, was mich leitet und
was uns in der Bundesregierung leitet.

Bevor wir gleich zum Thema Ehrenamt kommen und in ganz besonderer Weise nachher in der Diskussion – Sie
haben sich ja bestimmt viele Fragen überlegt –, möchte ich noch eines zu denen sagen, bei denen Markus Söder
und andere heute schon waren, nämlich zu den Landwirten und auch zu der Demonstration „Fridays for Future“.

Ich habe Landwirte und die verschiedenen Verbände zu einer großen Runde ins Bundeskanzleramt eingeladen. Ich
werde Anfang Februar ein Gespräch mit der Ernährungswirtschaft haben. Denn, wie ich meine, es ist vor allem
eines wichtig: Die Bauern brauchen für ihre Produkte faire Preise. Da mangelt es schon an vielen Stellen. Da
müssen wir miteinander auch klare Worte reden. Sie brauchen eben auch Berechenbarkeit in dem, was sie tun.

Ich komme aus einer anderen Himmelsrichtung in Deutschland, aus dem Norden. Bei uns gibt es noch mehr Felder
und noch mehr Wälder, obwohl es hier ja auch schon nicht so schlecht ist mit dem Bayerischen Wald und allem,
was dazu gehört. Die Frage „Wie geht es für uns weiter?“ ist für viele Bauern, ob im Haupterwerb oder
Nebenerwerb, natürlich eine sehr drängende Frage. Das verstehe ich auch.

Wir müssen einerseits die europäischen Rahmenbedingungen einhalten. Ich könnte jetzt Manfred Weber ansehen
und eine Weile über die Düngeverordnung sprechen. Aber das tun wir an anderer Stelle. Dazu gehört natürlich
auch, wie wir Natur, biologische Vielfalt und landwirtschaftliche Produktion miteinander in Einklang bringen.
Aber eines möchte ich Ihnen auch sagen, auch wenn das hier sicherlich der falsche Ort ist, an dem ich das
sage, weil Sie alle das wissen – wir müssen das vor allen Dingen immer wieder in den großen Städten sagen –:
Wenn wir regionale Produkte kaufen wollen, wenn wir regionale Produkte essen wollen, dann müssen wir denen,
die diese regionalen Produkte produzieren, Achtung und Ehre entgegenbringen und ihre Arbeit schätzen. Alles
andere geht daneben.

Ich weiß nicht, wie das hier ist; aber in meinem Wahlkreis mit der Insel Rügen und mit Stralsund dort oben
in Vorpommern sagen mir die Bauern: Wir müssen uns schon fast dafür entschuldigen, wenn wir den Bau eines
neuen Kuhstalls beantragen oder eine Genehmigung für einen Schweinestall haben wollen. Das geht nun wirklich
nicht. Man kann nicht essen wollen, aber gleichzeitig nichts für die Tiere haben wollen; und dann sagt man
noch, es solle aber regional sein.

Wir haben schon sehr viele Vorschriften und hohe Standards. Wir müssen vielleicht noch mehr tun. Wir müssen
die Klimafragen, die Fragen zu Insektenvielfalt und Artenvielfalt mitberücksichtigen. Unsere Bauern halten
sich an Regeln. Sie haben die gute fachliche Praxis oder sie haben ökologischen Landbau. Sie dürfen nicht
unter Generalverdacht gestellt werden. Ansonsten wird das ganz schlecht für die ländlichen Regionen sein und
damit auch für den Zusammenhalt in unserem Land. In diesem Sinne werden wir in der Bundesregierung weiter
dafür kämpfen, gute Lösungen zu finden, auch wenn das manchmal sehr schwierig ist.

Ansonsten möchte ich Ihnen einfach zurufen: Danke dafür, dass so viele – auch hier in dieser Region –
ehrenamtlich tätig sind. Ich habe mir Deggendorf deshalb für einen Besuch gewünscht. Als ich damals wegen des
Hochwassers hier in der Region war, standen natürlich andere Probleme im Vordergrund. Aber all das, was wir
in der Welt machen können, all das, wie Deutschland wahrgenommen wird, hat natürlich ganz wesentlich damit zu
tun, wie das Zusammenleben und der Zusammenhalt in unserem Land stattfinden.

Viele in der Welt, die Deutschland etwas kennen, wissen: Wir sind ein vielfältiges Land. Diese Vielfalt wird
im Wesentlichen auch vom Ehrenamt getragen. Ob das die Trachtenvereine sind – gerade erst letzte Woche waren
hundert aus Bayern bei mir im Kanzleramt –, ob das die Sportvereine sind, ob das die vielen sozialen Vereine
sind – sie alle tun etwas dafür, dass Menschen für Menschen da sind. Wir als Politiker müssen den Rahmen
schaffen; das ist richtig, das ist notwendig. Wir werden auch gleich darüber sprechen. Aber Sie setzen Ihre
Zeit ein, und Zeit ist vielleicht das knappste Gut im 21. Jahrhundert. Wir haben zwar immer mehr technische
Hilfsmittel. Wir können uns viel schneller verständigen. Aber irgendwie wird die Zeit scheinbar immer
knapper. Sich stundenweise Zeit zu nehmen, etwas für andere zu tun, zu helfen – und das auch regelmäßig –,
das ist schon etwas ganz Besonderes.

Ich darf sagen, dass es vielleicht auch etwas Besonders für jeden ist, der das tut, der sich dazu
entschieden hat. Denn manchmal bekommt man durch das ehrenamtliche Engagement auch etwas im Leben zurück. Das
heißt, auf der einen Seite helfen wir Menschen, aber auf der anderen Seite können wir dabei auch Freude
erfahren. Wir können Dinge erfahren, die wir sonst vielleicht in unserem Leben überhaupt nicht erfahren
hätten.

Ich glaube, wir können stolz darauf sein, dass wir nicht nur ein Volk sind, das sozusagen vor dem Fernseher
sitzt und die Fußballspieler oder Sportler kritisiert und sagt „Das könnten die aber besser; und sieh mal,
wie der herumläuft und so weiter“, sondern das auch die eigenen Beine in die Hand nimmt, Sport treibt, jungen
Menschen etwas beibringt und damit einen Beitrag zu einem lebendigen Land leistet. Ich möchte, dass wir ein
lebendiges Land bleiben. Dazu müssen wir die Voraussetzungen schaffen.

In Bayern ist natürlich alles immer ein bisschen besser; das weiß ich schon. Es ist ja auch gut, dass man
Benchmarks setzt. Aber gerade weil es bei Ihnen so schön ist und Sie so viele Erfahrungen haben, freue ich
mich, jetzt mit Ihnen ins Gespräch einzutreten. Denn wir haben schon vom Bundesrat einen Antrag mit der
Anfrage, wann nun endlich das Ehrenamtsgesetz der Bundesregierung kommt, in dem wir steuerliche Fragen klären
wollen, Pauschalen, Übungsleiterpauschalen und anderes. Deshalb ist das hier jetzt für mich sozusagen noch
eine Lernstunde, um zu hören, wo Ihnen der Schuh drückt, damit wir dann auch parlamentarisch und in der
Bundesregierung das Richtige tun können. Denn wir wollen in dieser Legislaturperiode die Rahmenbedingungen
für das Ehrenamt noch einmal verbessern.

Herzlichen Dank dafür, dass ich da sein darf. Ich freue mich nun auf die Diskussion.

Eine Antwort auf „Merkel: Ehrung von ehrenamtlichem Engagement“

  1. Eine ganze Rede von der deutschen Bundeskanzlerin? Wer will das seichte Blabla denn lesen? Die Frau redet für ein gutes Gefühl, als wäre alles in Ordnung, ohne etwas zu sagen. Und in D. ist auch nicht alles in Ordnung. Bitter.

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