Die EU-Staaten dürften in Kürze den Weg freimachen für neue Regeln, die Großunternehmen zu mehr Steuertransparenz zwingen.
Im Kreis der EU-Botschafter stimmte vergangene Woche eine qualifizierte Mehrheit der Staaten für einen Kompromissvorschlag der finnischen Ratspräsidentschaft zum öffentlichen Country-by-Country-Reporting, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Informationen aus EU-Kreisen. Bestätigen die Wirtschaftsminister das Votum bei ihrem Treffen in Brüssel am Donnerstag, könnten die abschließenden Verhandlungen mit dem Europaparlament beginnen.
Die Veröffentlichungspflicht soll das Verschieben von Gewinnen in andere EU-Länder zur Steuervermeidung erschweren. Die Europäische Kommission hatte entsprechende Regeln 2016 vorgeschlagen, als Reaktion auf den Luxemburg-Leaks-Skandal. Demnach sollen in der EU operierende Konzerne mit mehr als 75 0 Millionen Euro Jahresumsatz offen legen müssen, wieviel Gewinn sie in den einzelnen Mitgliedstaaten erwirtschaften und wie viele Steuern sie dort jeweils abführen.
Etliche Länder wie Irland, Österreich und Luxemburg lehnen das Vorhaben weiter ab. Laut EU-Kreisen ist es daher wahrscheinlich, aber noch nicht ausgemacht, dass beim Ministerrat am Donnerstag die nötige Mehrheit von 16 der 28 Mitgliedsstaaten zustande kommt. Im Kreis der Botschafter unterstützten dem Vernehmen nach 17 Staaten die Initiative, darunter das austrittswillige Großbritannien.
Die Bundesregierung wird sich der Stimme enthalten, weil sich die CDU- und SPD-geführten Ministerien nicht einig sind. Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold forderte die Union auf, dem Vorhaben ebenfalls zuzustimmen: „Es wäre ein Bärendienst am deutschen Mittelstand, wenn ausgerechnet an Deutschland die Steuertransparenz in Europa scheiterte“, sagte der Europaabgeordnete dem Handelsblatt.