Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier: Das Handwerk hat eine hohe Leistungsfähigkeit, eine hohe Qualität. Es hat trotz der konjunkturellen Schwäche im laufenden Jahr zugelegt: steigende Umsätze von vier Prozent, hohe Auftragsbestände, Anstieg der Neueinstellungen.
Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier,
zur Änderung der Handwerksordnung und der Wiedereinführung der Meisterpflicht vor dem Deutschen Bundestag am
12. Dezember 2019 in Berlin:
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Auch das Jahr 2019 war wieder ein Jahr des Handwerks. Das Handwerk hat eine hohe Leistungsfähigkeit, eine
hohe Qualität. Es hat trotz der konjunkturellen Schwäche im laufenden Jahr zugelegt: steigende Umsätze von
vier Prozent, hohe Auftragsbestände, Anstieg der Neueinstellungen. Das ist ein großes Kompliment an all
diejenigen, die in diesem Bereich beruflich tätig sind. Und die Entwicklung wird nach allem, was wir wissen,
auch im nächsten Jahr so weitergehen: mit Umsatzsteigerungen und weiterer positiver Entwicklung der
Beschäftigung im Handwerk.
Im Handwerk sind rund 5,4 Millionen Menschen beschäftigt. Es gibt rund ein Million Unternehmerinnen und
Unternehmer. Das ist ein Anlass, heute Danke zu sagen, auch im Namen der übergroßen Mehrheit des Deutschen
Bundestages, für das, was im Handwerk seit vielen Jahrzehnten über die Jahre und auch heute zuverlässig
geleistet wird.
Das Handwerk genießt eine hohe Wertschätzung in unserer Bevölkerung und weit darüber hinaus in Europa und in
weiten Teilen der Welt. Wir möchten, dass dies so bleibt: dass das Handwerk auch in Zukunft einen Beitrag zur
hohen Qualität von Dienstleistungen und von Wirtschaftsentwicklungen leisten kann, aber auch zu Identität, zu
Kultur, zum Zusammenhalt vor Ort und in unserem Land insgesamt. Dafür brauchen wir die richtigen
Rahmenbedingungen. Dafür brauchen wir vertretbare Belastungen, die nicht ständig steigen. Dafür brauchen wir
eine wirtschaftsfreundliche Politik. Aber wir müssen auch die Weichen dafür stellen, dass diejenigen, die
bereit sind, sich auf das Handwerk einzulassen, die bereit sind, dafür viel an Lernen, an Zeit, an
Investitionen aufzuwenden und damit Risiko einzugehen, sich auf dieses Risiko auch einlassen können.
Deshalb haben wir heute einen wichtigen Punkt auf der Tagesordnung, nämlich die Wiedereinführung der
Meisterpflicht für zwölf sogenannte B1-Handwerke. Hier geht es um Wertschätzung. Aber es geht ebenso um
Qualität, Qualifizierung und um die Zukunft der Betriebe. Wir hatten bereits im Koalitionsvertrag eine
Verständigung der Regierungskoalition darauf, dass das Handwerk noch stärker anerkannt und gefördert wird und
dass wir überprüfen werden, welche Gewerke in Zukunft wieder zurück in die Meisterpflicht überführt werden
können.
Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, mich nicht nur bei Kolleginnen und Kollegen aus meinen eigenen
Koalitionsfraktionen, bei Carsten Linnemann, bei Sören Bartol, sondern auch bei Kolleginnen und Kollegen aus
allen Fraktionen des Hauses, die diese Diskussion unterstützt haben, die diese Veränderungen mittragen, ganz
herzlich zu bedanken. Wir werden heute – davon gehe ich aus – ein sehr überzeugendes, ein sehr starkes Signal
dafür finden und zeigen, dass das Handwerk die Unterstützung des gesamten Deutschen Bundestages hat. Dafür
ein herzliches Dankeschön!
Wir haben ein umfassendes Konsultationsverfahren durchgeführt. Im Wirtschaftsausschuss gab es eine
Sachverständigenanhörung. Es gab selbstverständlich wie bei allen solchen Vorhaben auch Wünsche, die in diese
oder jene Richtung gingen. Nicht alle konnten berücksichtigt werden. Aber im Ergebnis haben wir entschieden,
heute zwölf Gewerke wieder in die Zulassungspflicht – Anlage A der Handwerksordnung – zurückzuführen. Es sind
dies die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, die Betonstein- und Terrazzohersteller, die Estrichleger, die
Behälter- und Apparatebauer, die Parkettleger, die Rollladen- und Sonnenschutztechniker, die Drechsler und
Holzspielzeugmacher, die Böttcher, die Raumausstatter, die Glasveredler, die Orgel- und Harmoniumbauer und
die Schilder- und Lichtreklamehersteller.
Die verfassungs- und europarechtlich rechtssichere Würdigung der Wiedereinführung der Meisterpflicht war
unser Ziel. Wir erreichen das dadurch, dass wir auf die besondere Gefahrengeneigtheit einzelner Gewerke
abstellen und bei drei Gewerken zusätzlich auch auf die Relevanz für den Schutz unseres Kulturerbes und den
notwendigen Wissenstransfer.
Wir stärken auch die duale Berufsausbildung. Denn parallel dazu gibt es Verbesserungen beim Meister-BAföG;
und wir fördern gleichzeitig die Fortbildung der künftigen Meisterinnen und Meister noch stärker.
Heute ergreifen wir eine Maßnahme, die vor allen Dingen die Betroffenen interessiert, aber auch auf unsere
Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt große Auswirkungen hat. Deshalb legen wir Wert auf Rechtssicherheit.
Manche hätten sich gewünscht, weitere Gewerke zum jetzigen Zeitpunkt wieder in die Meisterpflicht zu
überführen. Wir haben uns dafür entschieden, es heute bei diesen zwölf zu belassen. Denn wir tragen
Verantwortung für den Rechtsrahmen von über 500.000 Betrieben, die bisher schon in der Anlage A sind. Wir
wollen die Anforderungen des Grundgesetzes und des europäischen Rechtes bewahren und respektieren. Aber ich
kann Ihnen zusagen: Wir werden diese Novelle in fünf Jahren evaluieren. Wir werden die Einordnung der heute
nicht zum Zuge gekommenen Gewerke einer nochmaligen Überprüfung unterziehen; und wir werden darauf Wert
legen, dies im Konsens des gesamten Hauses zu tun.
Es gab einmal einen Slogan einer Imagekampagne des Handwerks, bezogen auf den Meisterbrief: „Das sicherste
Wertpapier gibt es immer noch im Handwerk.“ Wenn ich daran denke, dass wir vor zehn, fünfzehn Jahren heftige
Diskussionen darüber führten, ob der Meisterbrief überhaupt noch eine Zukunft hat, dann will ich sagen: Die
heutige Debatte markiert nicht nur einen Punkt, an dem wir für zwölf Gewerke wieder die Meisterpflicht
einführen, sondern an dem auch klar wird, dass der Meisterbrief und die duale Ausbildung die überwältigende
Unterstützung des Deutschen Bundestages haben. Das ist eine gute Nachricht für alle Betroffenen.
Wir haben in Deutschland mit die geringste Jugendarbeitslosigkeit in der gesamten Europäischen Union und
weltweit. Das verdanken wir auch der Ausbildungsleistung im Handwerk. Die Ausbildungsleistung im Handwerk
ist, gemessen an der Beschäftigtenzahl, doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft. Viele
Handwerksunternehmen sehen es mit einem stolzen Blick, aber auch mit einem weinenden Auge, dass die jungen
Menschen, die sie ausbilden, zum Teil von größeren Betrieben übernommen werden, die höhere Stundenlöhne
zahlen können. Diese Entwicklung ist Teil der Marktwirtschaft. Aber auch hier haben wir ein Interesse daran,
dass das Handwerk seine Leistungsfähigkeit behält.
Deshalb werden wir auch darauf achten, dass die Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetze
März des nächsten Jahres in Kraft tritt, so erfolgt, dass am Ende auch die Bedürfnisse des Handwerks
berücksichtigt werden können. Ich kann nur appellieren: Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass dieses
Gesetz so ausgeführt werden kann, dass die Visaverfahren, die Berufsanerkennungsverfahren, dass die
öffentlichen Verfahren so ausgestaltet werden, dass ein Handwerker, der heute jemanden braucht, der ihn bei
seiner Arbeit unterstützt, die positive Nachricht nicht erst kurz vor seinem Eintritt in den Ruhestand
erhält. Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Gesetz praxisnah funktioniert und angewendet werden kann.
Die Nachricht heute ist eine gute, nicht nur für die Handwerker selbst, sondern auch für den präventiven
Verbraucherschutz. Das Gesetz wird dazu führen, dass Millionen von Menschen ihre Zufriedenheit mit den
Dienstleistungen des Handwerks bewahren werden. Es wird dazu führen, dass die Zustimmung in der Bevölkerung
insgesamt noch mehr wächst, als es heute schon der Fall ist. Ich freue mich darauf, wenn dieses Gesetz nach
den Beratungen im Bundesrat Anfang kommenden Jahres in Kraft treten kann, und möchte mich bei allen bedanken,
die dazu beigetragen haben, dass dies heute möglich ist.